Es soll ja Wiener (bzw. Wiener Neustädter) geben, die sind noch nie mit dem Riesenrad gefahren. Auch Tini war bis Anfang dieser Woche ein solches – gar nicht so seltenes – Exemplar. Wiener, die noch nie ein echtes Schnitzel vom Kalb gegessen haben, wird es hingegen weit weniger geben – aber sicher immer noch genug. Wir finden ja, dass man beides unbedingt einmal (Riesenrad) bzw. mehrmals (Kalbsschnitzel) gemacht haben muss. Kombinieren lässt sich das hervorragend mit dem Groupon-Deal Picknick über den Dächern Wiens, der uns dankenswerter Weise von Groupon im Rahmen ihrer Restaurantwochen zur Verfügung gestellt wurde. Der Deal bietet ein saisonales 3-Gänge-Überraschungsmenü für Zwei im Stadtgasthaus Eisvogel (2 Hauben!) inkl. Dessert und Sekt im eigenen (!) Riesenrad-Waggon. Und dank diesem Deal gab es dann für uns bzw. speziell für Tini eine tolle Premiere: einmal Riesenrad-Fahren mit dem derzeit wahrscheinlich besten Kalbsschnitzel Wiens im Bauch! Fast schon kitschig – nein halt: eigentlich sehr kitschig!
Darüber lässt sich nicht streiten: den vor einigen Jahren neu gestalteten Riesenradplatz findet jeder recht hässlich. Kitsch pur trifft hier auf den Charm einer Billig-Filmkulisse. Authentizität? Fehlanzeige! Umso erfreulicher, dass sich hier mittlerweile mit dem Stadtgasthaus Eisvogel ein Top-Restaurant etabliert hat, das für authentische Wiener Küche in höchster Qualität steht. Hier wird die Wiener Tradition hoch gehalten, der Eisvogel punktet mit bestem Speis und Trank sowie souveränem (wenn auch etwas lustlosem) Service. Nur beim Ambiente geht sich die Wiener Gemütlichkeit leider auch im Inneren der Gaststube nicht aus…
Die Küche schickt als Gruß eine sehr gute, wenn auch recht minimalistische Gemüsevariation mit geräucherter Forelle. Das intensiv sauer-würzig abgeschmeckte Gemüse matcht sich hier wunderbar mit dem zarten Raucharoma der festfleischigen Forelle. Warum gibt’s keine größeren Löffel?
Das Überraschungsmenü bietet zu Beginn eine kleine Überraschung. Es ist nämlich gar keines, sondern man kann zwischen zwei Vorspeisen und zwei Hauptspeisen wählen. Gute Überraschung! Wir probieren natürlich jeweils beides. Als erste Vorspeise bekommen wir eine recht biedere Forelle Müllerin mit Erdäpfel und Rahmgurke. Der Fisch ist perfekt gebraten, die Haut hätte allerdings etwas knuspriger sein können. Die Erdäpfel mit Rahmgurken machen sich fein dazu. Hausmannskosten auf hohem Niveau, aber halt auch nicht mehr.
Ähnliches denken wir uns bei der Schinkenrolle vom Johann Schwein, die schmeckt wie am Küchentisch bei der Oma – also hervorragend, inklusive Kindheits-Erinnerungs-Flashback à la Ratatouille (den Film).
Da wir uns ein bisschen mehr Schischi vom Überraschungsmenü gewünscht hätten, bestellen wir zusätzlich zum Standardmenü zwei Zwischengänge. Bei der Gebratenen Gänseleber & Räucheraal mit Rüben und Erdnuss (€ 17,50) war das eine sehr gute Idee. Die wuchtige Gänseleber harmoniert perfekt mit dem fettigen Räucheraal, gehackte Erdnüsse und bissfest geschmorte Rüben runden dieses Gericht wunderbar ab.
Auch gut, aber nicht so ganz der Burner sind die Schwarzwurzeln mit Topinambur und Trüffel (€ 16,90). Die ideal zubereiteten Schwarzwurzeln machen sich mit dem Püree aus Topinambur hervorragend. Dem Gericht fehlt aber eine frische Komponente und schmeckt zu eintönig. Der Trüffel, der eigentlich das Tüpfelchen auf dem “i” sein sollte, ist leider von schlechter Qualtität und verströmt kaum Aroma. Schade!
Das kleine Trüffel-Missgeschick wird aber mit dem Wiener Schnitzel vom Milchkalb mit Salat mehr als gut gemacht. Das Stadtgasthaus Eisvogel behauptet in seiner Werbung, dass sie das beste Schnitzel Wiens hätten. Wir mögen eigentlich solche großspurigen Ansagen nicht, in diesem Fall wird diese aber wohl gerechtfertigt sein. Das Wiener Schnitzel ist einfach idealtypisch gelungen. Punkt.
Als zweiter Hauptgang steht ein üppiger Eisvogel-Fischteller mit Rosmarinerdäpfel zur Auswahl, der dafür sorgt dass man auch mit nur zwei Gängen das Restaurant bestimmt nicht hungrig verlässt. Am Fischteller befinden sich jeweils perfekt gebratene Stücke vom Wels, Kabeljau und Lachs sowie ein Forellenfilet und eine Garnele. Dazu gibt es kleine und knusprige Rosmarinerdäpfel sowie ein würziges Szegediner-Kraut. Echt gut!
Für das Dessert samt zwei Gläsern Sekt geht es dann ab in den privaten Riesenrad-Waggon. Dieser wird schnell mit einer Picknick-Decke verschönert (ähem) und mit einer Etagere samt drei verschiedenen Petit Fours sowie Sprudel und Wasser bestückt. Die süßen Kleinigkeiten können leider mit der Qualität der Vor- und Hauptspeisen nicht ganz mithalten. Biskuitrollade, Brownies und Erdbeerpalatschinken sind zwar tadellos, haben aber mit großer Pâtisserie wenig zu tun. Wir vermuten, dass wir im Restaurant Süßspeisen auf höherem Niveau serviert bekommen hätten.
Dennoch ist die Fahrt im privaten Riesenrad-Waggon natürlich ein tolles Erlebnis. Vor lauter Schauen vergisst man fast aufs Essen und Trinken. Und so vergehen die knapp 15 Minuten im Riesenrad ein wenig zu schnell und man würde gerne noch eine zweite Runde drehen.
Für jeden, der einmal im eigenen Waggon mit dem Wiener Riesenrad fahren möchte, bietet der Groupon-Deal sicher eine tolle Gelegenheit – denn ansonsten ist dieser Spaß relativ unerschwinglich. Allen anderen würden wir eher empfehlen nach reinen Restaurant-Deals im Stadtgasthaus Eisvogel Ausschau zu halten, und so ein Schnäppchen mit tollem Essen zu einem mehr als fairen Preis zu machen. Mit dem Riesenrad kann man nachher sowieso auch noch ganz normal fahren…
Empfehlenswert | Preis-Leistung: ok
Stadtgasthaus Eisvogel
Riesenradplatz 1, 1020 Wien
www.stadtgasthaus-eisvogel.at
Riesenrad bin ich als Nichtwienerin schon des öfteren, aber zuerst Schnitzel und dann Riesenradfahren an einem Abend das hatte ich auch noch nie. Das ist auf jeden Fall eine sehr interessante Kombination.
Darf ich dich gleich noch für den Liebsten Award nominieren? Hier noch Informationen dazu.
http://www.ilseblogt.at/liebster-award-discover-new-blogs/
Liebe Grüße
Ilse