Nein, diesmal singen wir keine Lobeshymnen auf den Steirawirt. Denn das haben wir ja schon in unserem ausführlichen Bericht vom letzten Jahr zu Genüge getan. Nicht, dass die Gastwirtschaft der Rauch-Geschwister das nicht verdienen würde. Aber wir wollen diesmal einfach noch mehr Raum für die Beschreibungen und Fotos der kulinarischen Kunstwerke aus der Rauch-Küche lassen. Diese sollten keinen Zweifel offen lassen: Der Steirawirt ist eine Sensation. Wer noch nicht dort war, sollte sich schnellstens auf den Weg nach Trautmannsdorf machen…
Am meisten Spaß macht uns beim Steirawirt ja fast der schier unendliche Reigen an Amuse Bouches (landläufig auch “Gruß aus der Küche” genannt – wobei man in diesem Fall eindeutig von vielen “Grüßen” sprechen muss). Zum Start gibt es diesmal einen netten Gag: In einer Schale voller Steine aus der Mur (ein Fluss in der Steiermark) sind Fladen mit Arzberger Stollenkäseschaum versteckt. Diese gilt es zu finden. Danach: ein Biss, ein sanftes Knacken und dann breitet sich ein cremiger und mild-würziger Käseschaum am Gaumen aus. Gibt’s das bitte auch zum Mitnehmen?
Fast schon obligat folgt der hausgemachte Johann Schinken mit Fladenbrot (und das ist gut so!). Dazu wird ein Geräuchertes Schweineschmalz mit Trauben und Zwiebeln gereicht. Auf einem Kernöl-Presskuchen werden die nächsten Leckereien serviert: ein Kürbiskuchen mit gerösteten Johannschinkenmousse sowie Gurken-Kürbiskern-Makronen mit Bärlauch und Bachsaiblingskaviar. Beides sehr kreativ und großartig im Geschmack.
Zwei Aspekte fallen schon bei den Amuse Bouches auf. Erstens: Richard Rauch liebt das Spiel mit den Konsistenz (knusprig-cremig). Zweitens: der Herkunftsgedanke spielt eine ganz große Rolle und verleiht jedem Gericht zusätzlich Authentizität: Käse aus Arzberg, Steine aus der Mur, Schinken aus eigener Produktion, und als Präsentierteller darf sogar ein Kernöl-Presskuchen herhalten und so das ureigenste steierische Genussmittel reminiszieren.
Die nächsten Appetithäppchen lassen nicht lange auf sich warten. Zunächst beigeistern uns fleischige Fasankroketten mit Mohn, die dank eingelegter Vogelbeere und Vogelbeergel eine leicht süße Note bekommen und so perfekt mit dem Vogelwild harmonieren.
Die Saison spiegelt sich im Frühlingskräuter-Gazpacho mit gebeiztem Eidotter, Buttermilchschaum und Räucherlachszigarren wider. Die grüne Kaltschale ist nicht nur in einer fancy Schale angerichtet, sondern schmeckt auch raffiniert und spektakulär. Was soll da jetzt noch Besseres nachkommen?
Die Antwort folgt prompt mit dem ersten Gang des Überraschungsmenüs (6 Gänge um 79 €). Richard Rauch präsentiert persönlich (im Laufe des Abends übrigens häufiger, was ihm gut steht und das Gourmeterlebnis noch weiter aufwertet) seine Trilogie aus Erika-Erdäpfel kalt-warm-knusprig-cremig mit Kärntner Saiblingskaviar, Schnittlauch, braune Butter und Sauerrahm. Unübertroffen die Präsentation, unübertroffen abermals das Spiel mit den verschiedenen Konsistenzen, Texturen und Temperaturen. Das cremige Püree (oder doch Erdäpfelschaum?) ist zum Niederknien. Der großzügig dazugereichte Kärntner Saiblingskaviar (vom Fischrestaurant Sicher in der Nähe des Klopeinersees) schmeckt ganz zart nach Saibling, leicht salzig und explodiert nach seidigem Beginn am Gaumen.
Rein optisch kann da die Frischkäseschaumsuppe mit Flusskrebse, Kalbsfleischtascherl und Wiesenchampignon nicht mit. Im beigen und intensiven Sud finden sich aber wahre Delikatessen: Bissfeste Flusskrebse, feine Kalbsfleischtascherl und aromatische Wiesenchampignons.
Der erste Zwischengang besteht aus Hecht mit Kürbis, Curry, Zitrusaromen, Zucchiniblüte. Wir müssen nachdenken, aber wir dürften hier zum ersten Mal Hecht gegessen haben. Die Haut hätten wir gerne knuspriger gehabt, aber der Rest des Arrangements mit der Kombination aus pikanten Curry und frischen Zitrus überzeugt dafür umso mehr im Geschmack.
Auch im zweiten Zwischengang gibt es eine Spezialität aus heimischen Gewässern: Amur-Karpfen mit Spargel, Polenta, Pilze und Haselnussschaum. Der erdig und leicht fettige Karpfen schmeckt zwar vorzüglich, es müssen jedoch recht viele Gräten herausoperiert werden. Dazu genießen wir den ersten heimischen Spargel der Saison – gepflückt aus der Umgebung vom Schloss Kapfenstein.
Vor dem Hauptgang öffnet uns ein hinreißendes Olivenöl-Sorbet mit Fenchel wieder den Magen. Danach gibt es ein Dry Aged Beiried mit Bärlauchspinat, Petersilienwurzel (Gelee, Salat) und Markknödel. Das Beiried wurde in der hauseigenen Fleischerei trockengereift und danach in Richard Rauchs neuem Spielzeug – einem Big Green Egg – über Holzkohle gegrillt. Dieser Griller wird z.B. auch im Steirereck oder bei Silvio Nickol verwendet und erreicht Temperaturen jenseits der 400 Grad. Demenstsprechend beeindruckend sind die Röstaromen, die dem mürben und nussigen Dry Aged Beef sehr schmeicheln. Dazu werden noch Cracker mit geräucherter Aioli gereicht.
Apfelstrudel 2013 nennt Chefkoch Rauch seine Dessert-Variation. Diese besteht aus Apfelstrudel, Apfel-Cannelloni, Apfel-Eis und einem grünen Apfel-Soda. Alles unwiderstehlich lecker, ein Augen- und Gaumenschmaus.
Damit nicht genug. Wo anders sagt man Petit Fours, beim Steirawirt handelt es sich eigentlich um einen zweiten vollständigen Dessert-Gang. Wir staunen über Himber-Zitronen Makronen, Karamellisierte Zitronentarte, Zitrus-Verjus-Schaum und absolut grandiose Zitrus-Magnums. Das Thema Zitrus wird hier kreativ und finessenreich umgesetzt. Von den Magnums hätten wir gerne eine Familienpackung mitgenommen!
Wir zählen nochmal nach: 6 Gänge bestellt, 17 Gänge bekommen (wobei z.B. das Dessert nur als 1 Gang gezählt wurde). Das gibt es sonst nirgendwo (falls doch: bitte um Info!). Beim Steira Wirt taucht man in eine kulinarische Erlebniswelt ein. Und das in gemütlicher Edelwirtshaus-Atmosphäre, geleitet von der sympathischen Sonja Rauch, die uns wieder sehr charmant durch den Abend führt und diesen – “same procedure as every year” (O-Ton Sonja Rauch) – mit uns an der Bar ausklingen lässt. Bei der Weinauswahl darf man sich übrigens getrost in die Hände der Hausherrin begeben. Zwei Highlights aus unserer Weinauswahl: der Grauburgunder Steinbach von Lackner-Tinnacher (feine Steinobst- und Beerennoten, mineralisch und geschmeidig) sowie der Zweigelt Olivin von Winkler Hermaden (kraftvoll, mineralisch, fruchtig und mit dezent eingebauten Holztönen).
Die Steirawirt-Küche ist mehr als nur Schall und Rauch. Hier hat alles Hand und Fuß, hier gibt es ein klares Konzept – authentisch und deshalb so überzeugend. Der junge Richard Rauch will sich aber nicht auf seine Lorbeeren ausruhen (letztes Jahr bekam er völlig zu Recht die dritte Gault Millau Haube). Im Gegenteil. Im Sommer soll das erste Kochbuch präsentiert werden. Darüber hinaus gibt er für die Zukunft folgende Devise aus: die Wirtshauskarte bleibt aber die Gourmetschiene wird noch feiner und exklusiver. Wenn das kein Versprechen ist…
Liebes Steirawirt Team: Wir kommen nächstes Jahr sicher wieder (oder eventuell doch schon früher?) und werden Euren Weg mit Genuss weiterverfolgen!
Sehr Empfehlenswert |
Preis-Leistung: gut
Steirawirt – Das Wirtshaus der Familie Rauch
8343 Trautmannsdorf 6
www.steirawirt.at
super! sehr schönes bericht!!! gratuliere!
Vielen Dank, wie man merkt haben wir unseren Aufenthalt in der SO-Stmk sehr genossen. Vielleicht besuchen wir ja Euch das nächste Mal im “Klein-Holland”
Ein toller Bericht mit wunderbar leckeren Bildern. Meine Gäste sind immer begeistert, wenn sie beim Steira-Wirt waren. Wunderbar – dass wir solche Wunder-Köche im Steirischen Vulkanland haben.
Empfehle den Steira-Wirt jedem, der sich etwas Außergewöhnliches gönnen möchte!