Kuchlmasterei | Angekündigte Kochrevolutionen finden nicht statt

Kuchlmasterei

Vergesst alles, was ihr je über die neue Kuchlmasterei gehört habt. Es stimmt nämlich nicht (mehr). Der Falstaff schwärmte sich weg, Florian Holzer jubilierte in Der Freizeit und sogar Die Presse lobte ausnahmsweise das angebliche Chefkoch-Genie Gonzalo Luzarraga. Aber so schnell die überschwänglichen Kritiken geschrieben wurden, so rasch verabschiedete sich das italienische Koch-Enfant-Terrible schon wieder von seiner Kochbühne. Sein Desinteresse an Wirtschaftlichkeit und Mainstream wurden ihm wohl zum Verhängnis. Mit Felix Albiez, der schon mit Silvio Nickol und Konstantin Filippou kochte, wurde mittlerweile adäquater Ersatz gefunden. Im Rahmen eines Bloggerevents hatten wir die Gelegenheit einen Vorgeschmack auf die neue Küchenlinie im alten neuen Wiener Gourmettempel zu bekommen (damals noch gekocht von Luzarragas Souschef Alexander Gocev). Fazit: man muss wohl nicht allzu lange über Luzarragas Abschied trauern. Kochrevolutionen sehen aber freilich auch anders aus…

Foodblogger

Manche Leute glauben ja wirklich noch, dass Foodblogger ihre Fotos mit der Handykamera machen. Umso verwunderter sind sie dann, wenn die Spiegelreflexkamera im Fine Dining Restaurant ausgepackt wird – Gäste genauso wie das Servicepersonal. Beim Bloggerdinner in der Kuchlmasterei bot sich dann wohl ein kurioses Bild als eine Horde voller Foodblogger das edelkitschige Lokal im dritten Bezirk gestürmt haben. Zum Fotografieren gibt es in der Kuchlmasterei genug: großzügige Räumlichkeiten mit Stil, Charme und geschichtsträchtiger Patina, nobles Tafelservice und schwere Bestuhlungen sowie einen der besten und größten Weinkeller der Donaumetropole. Zum Glück steht mit Patrick Hopf auch ein Sommelier bereit, der weiß mit diesen Kellerschätzen umzugehen und diese mit spitzbübischen Wiener Schmäh präsentiert.

Kleine Spezereien

Kleine Spezereien

Bei einem Spumante “1902″ BiancaVigna werden uns zunächst kleine Spezereien aus der Küche gereicht. Interessanterweise sticht hier der ausgezeichnete Weinkäse hervor und lässt Lachstatar und Luftgetrocknetes alt aussehen.

Beef Tatar vom Bio-Rind mit Brioche, Eigelb, schwarze Aioli, Senf

Beef Tatar vom Bio-Rind mit Brioche, Eigelb, schwarze Aioli, Senf
2007 Rotgipfler “Römerberg”, Pferschy-Seper, Thermenregion

Das Beef Tatar gehört in der Wiener Restaurantszene ja zum Standardrepertoir und steht natürlich auch hier ganz oben auf der Karte. Erfreulicherweise wird dieses hier vom Bio-Rind serviert. Noch erfreulicher ist die schwarze Aioli aus fermentierten Knoblauch, die gemeinsam mit dem getoasteten Brioche einfach nur genial zum pikant abgemachten Rinderfaschierten schmeckt.

Jakobsmuschel mit Herbsttrompeten, Zitronen-Hollandaise, Alba Trüffel

Jakobsmuschel mit Herbsttrompeten, Zitronen-Hollandaise, Alba Trüffel
2012 Chardonnay “Gertberg”, Schandl, Neusiedlersee 

So sieht Dekadenz am Teller (oder besser: in der Muschel) aus. Glasig gegarte Jakobsmuschel trifft hier auf eine hauchzarte Zitronen-Hollandaise und wird dann von Herbsttrompeten und geriebenen Alba Trüffel mit zauberhaften Umami-Aromen fast erschlagen. Toll, aber fast zu viel des Guten.

Rehrücken mit Kürbis, Maroni, Preiselbeeren, Haselnüssen

Rehrücken mit Kürbis, Maroni, Preiselbeeren, Haselnüssen
2002 “Il Bruciato” DOC, Guado al Tasso, Bolgheri

Gar nichts zum Meckern gibt es dann bei Hauptgang: perfekt gegarter Rehrücken trifft hier auf pürierten und gebratenen Kürbis. Besondere Raffinesse bekommt das Gericht durch die gehackten Maroni und Haselnüsse sowie die Preiselbeeren in Pulverform, das sich wie edelsüßer Paprika am Gaumen legt und den Wildgeschmack auf eine höhere Ebene hebt.

Kuchlmasterei's Schwarzwälder Kirsch

Kuchlmasterei’s Schwarzwälder Kirsch
1995 Rasteux-Vin doux naturel, Domaine Couteaux de Travers, Côte du Rhône

Dekonstruierte Schwarzwälder Kirsch dürfte gerade en vogue sein und haben wir z.B. erst neulich in der Hofmeisterei Hirtzberger genossen. Weniger besoffen als in der Wachau kommt die Version aus der Kuchlmasterei daher. Ein würdiger Abschluss für ein sehr gutes und rundes – aber eventuell etwas zu braves – Menü.

Seit Jänner 2016 hat nun schließlich Felix Albiez das Zepter in der Kuchlmasterei übernommen, der gleich mit einer abermals überarbeiteten Speisekarte ins neue Jahr startete. Diese liest sich gleich nochmal ein gutes Stück mutiger und spannender als noch im Dezember (Wiener Schnecke! Kalbskopf! Miso und Bonito!). Außerdem wird nun ein Überraschungsmenü mit 8 Gängen um wohlfeile € 92,- angeboten, bei dem man sich wohl die Weinbegleitung um € 68,- auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Die Kuchlmasterei schickt sich an, wieder eine der Top-Gourmetadressen Wiens zu werden. Bitte weiter so.

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Empfehlenswert Preis-Leistung: ok 

Kuchlmasterei
Obere Weißgerberstraße 6, 1030 Wien
www.kuchlmasterei.com

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