Bei uns geht Schiurlaub seit einigen Jahren so:
- Treffen mit unseren Fressfreunden (aka FFs).
- Beladung des Autos mit besten Lebensmitteln, vielen Küchen-Tools und noch mehr Wein. Ach ja: Schi nicht vergessen!
- Bezug eines entzückenden Chalets mit voll ausgestatteter Küche in Pistennähe.
- Strikte Einhaltung des Tagesablaufs: Ausgiebiges Frühstück – Bissi Schifahren – Hüttenjause – Bissi Schifahren (Optional) – Saunagang – Aperitif – Kochen – Feudales Abendessen (hier gibts die Fotos!) – Betthupferl (ein paar Achterl Wein).
Heuer war natürlich alles wie immer, allerdings mit zwei nennenswerten Ausnahmen: An einem Abend feuerten wir Marcel Hirscher zum Stockerplatz des Schladminger Nightrace an; am anderen Abend ließen wir uns mal bekochen. Und weil wir auswärts nur ungern schlechter essen als zuhause, verschlug es uns zu Johanna Maier ins nahe Filzmoos. Eines hatten beide Abende gemeinsam: Beim Heimgehen johlten wir lauthals: “JO(H)ANNA, DU GEILE SAU!”. Hier erklären wir Euch warum wir nicht nur vom Nightrace samt Aprés Ski, sondern auch von unserem Besuch bei Johanna Maier euphorisiert waren:
JO(H)ANNA, GEBOREN UM LIEBE ZU GEBEN:
Johanna Maiers Credo “Widme Dein Leben der Liebe und der Küche” spürt man in der Gaststube des Hotel Hubertus in Filzmoos, sobald man sie betritt: Von der sympathisch-aufmerksamen Servicecrew werden wir umgehend zu unserem Tisch geleitet. Die gemütlichen Räumlichkeiten werden vom stilsicheren, wenn auch etwas schnöden, Landhaus-Chic dominiert. Nach einem Aperitif mit erfreulich breiter Winzersekt-Auswahl aus Österreich (u.a. Bründlmayer, Szigeti) sowie einem giftgrünen Vitaldrink (Mangold-Ingwer), schauen auch zum ersten Mal die Chefleute bei uns vorbei: Während Chefin Johanna nach einem kurzen “Grüß Gott” wieder in ihre Küche verschwindet, demonstriert uns Servicechef Dietmar Maier bei der Menü-Aufnahme sein großes Talent als Entertainer (Köstlich: Maier parliert mit unserer Austro-Französischen Runde abwechselnd auf Französisch, Deutsch mit französischem Accent und Wiener Dialekt). Bis dato haben wir wohl noch nie einen Patron erlebt, der uns mit derart viel Charme und Chuzpe durch den Abend geführt hat.
JO(H)ANNA, VERBOTENE TRÄUME ERLEBEN:
Das 10-Gang-Menü von Johanna Maier klingt nicht nur liebevoll, sondern auch verboten gut: Saisonales (Rübe, Birne) trifft hier auf Luxus (Gänseleber, Jakobsmuscheln) und regionale Schmankerl (Powidl, Hirsch). Wenn das Menü hält, was es verspricht, finden wir da die 134 € für das komplette Menü (198 € inkl. Weinbegleitung bzw. 178 € inkl. Vitaldrinks) für angemessen. Nach dem Gedeck (Fladenbrot aus Buchweizen – Walnussbrot – Knäckebrot mit Waldviertler Mohn - Waldpilzbutter – Leinöl – Limettenöl – Bauerngartensalz) geht es auch schon direkt los. Auf einen Reigen an Amuse Bouches wird hier verzichtet, allen 10 Gängen des Menüs wird hier die gleiche Wertigkeit zugeschrieben. Weniger Überraschung, mehr Substanz:
Essenz von Dreierlei Winterrüben mit Königsmakrele
Angelikawurzel – Salbei
Ihren raffinierten Umgang mit Gewürzen und Aromen zeigt die Küche schon beim aller ersten Gang. Die Rübe macht sich in dieser Brühe nur im Hintergrund bemerkbar und fungiert als Träger von feinsten Zitronengras-, Salbei- und Rosa-Pfeffer-Noten. Eine Suppe wie ein Wein – jeder Löffel offenbart eine neue Geruchs- und Geschmacksperspektive.
Bittersalate
Birne Aparte Fidele – Pecan Nüsse – Burrata – Bienenkraut
Das Landhaus-Ambiente vom Hotel Hubertus mögen manche als altbacken bezeichnen, sehr modern gelingt hingegen die Präsentation der Gerichte. Auf einer großen Platte werden scheinbar zufällig Bittersalate, Burrata, Birne und Nüsse auf ein Rüben-Carpaccio drapiert. Grandios gelingt hier das Texturen-Spiel: cremige Burrata, bissfeste Rübe und Birne, knackige Salate und krosse Nüsse. Genauso überragend die harmonische Balance aller Hauptgeschmacksrichtungen: die leichte Süße von Rübe und Birne wird vom bitter-sauren Salat und der leicht salzigen Burrata umschmeichelt. We like!
Gepresste Gänseleber
Powidl – geräucherte Gänsezunge – Vogelbeersalz
“Dosenfleisch aus Inzernsdorf“, scherzt Dietmar Mayer mit todernster Miene als er dieses Gemälde von einer Gänseleber-Variation serviert. Der Hausherr weiß natürlich, dass diese Spezialität geschmacklich rein gar nichts mit dem Fraß aus der Konsvere zu tun hat. In der mächtigen Gänseleber-Schnitte ist herzhaft-süßer Powidl verarbeitet, auf der Praline hebt das Vogelbeersalz die Leber in eine andere Sphäre. Das Verspeisen der geräuchterten Gänsezunge kostet uns etwas Überwindung, die sich aber mehr als lohnt.
Jakobsmuschel
Passionsfrucht – Vanille – Chili – schwarzer Kardamom
Dass Vanille und Chili zusammenpassen, weiß seit Alfons Schuhbeck jeder. Gemeinsam mit Kardamom bilden die Gewürze die Aromabasis für nussige und perfekt gebratene Jakobsmuscheln. Aber dieses Gericht offenbart noch viel mehr: Eine Panna Cotta aus Karfiol tanzt gemeinsam mit der Passionsfrucht auf der Zunge. Dazwischen drängt sich noch eine intensive Kapern-Marmelade, die das harmonische Gefüge der restlichen Zutaten fast ins Wanken bringt. Das unscheinbare Blatt Koriander ist dann noch das Tüpfelchen auf dem “i”, nimmt den Platz eines Sorbets innerhalb der Speise ein, um die Geschmacksknospen wieder auf die nächsten Gänge vorzubereiten.
Gebratener Waller
Couscous – schwarze Bohnen – Quendel
Und der nächste Gang hat es auch wieder in sich: Heimischer Fisch trifft hier auf den Orient. Oder: Butterweicher Waller wird von raffiniert gewürztem Couscous in das Land von 1001 Nacht entführt. Traumhaft gelingt auch der Sud mit Ras el-Hanout Gewürzen. Eine absolute Aromabombe!
Bries oder Backerl vom Milchkalb
Knollensellerie – Spinat – Topinambur – Ysop
Dann wirds deftig: Bries und Backerl vom Milchkalb schmecken von Natur aus einfach riesig – um die perfekte Zubereitungsart haben wir uns jetzt auch keine Sorgen gemacht. Abgefedert wird das vollmundige Fleischgericht einmal mehr von sauren und bitteren Geschmacksnoten. Für diese sind hier Knollensellerie, Spinat und würziger Ysop (Bienenkraut ) zuständig.
Wachtel
Als Alternative zu den Innereien wird uns eine Wachtel mit fast zähem Jus serviert. Fotogen ist das edle Federvieh zwar nicht, dafür schmeckt es um so besser. Saftig und zart, elegant und dennoch kraftvoll. Wir plädieren sowieso für mehr Geflügel in der österreichischen Spitzengastronomie – vor allem wenn es so gut mundet wie hier. Großes Kino!
Hirsch aus dem Angertal
Quitten-Dattelpofesen – Schwarze Nüsse – Kranewitt
Wild hat sich in der heimischen Haute Cuisine zum Glück schon längst etabliert. Wir sind den Franzosen ihr Geflügel etwas neidig, dafür erblassen sie bei der Qualität von unserem Wild! Einen weiteren großartigen Beitrag dazu liefert Johanna Maier mit ihrem rosa gebratenen Hirsch mit schwarzen Nüssen, süßlichen Quitten-Dattelpofesen und erfrischenden Wacholder (den Maier Kranewitt nennt).
Pomelo
Rosa Grapefruit – Schaumwein – Alchemilla
Eine sehr schöne Erfrischung aus diversen Zitrusfüchten und fluffiger Sabayone kommt dann mit dem nächste Gang auf den Teller. Jetzt bleibt auch noch Platz für den Käse bzw. das Dessert!
Maracuja
Kokosnuss – Bourbon-Vanille – Goldmelisse
Nach den Pâtisserie-Enttäuschungen in der letzten Zeit (in einige Häusern war bei den Süßspeisen ein großer Abfall in der Qualität zu bemerken), sind wir auf diesen Gang enorm gespannt. Denn bis jetzt haben sich Johanna Maier und ihre Söhne noch keinen einzigen Schwachpunkt geleistet. Und das soll glücklicherweise so bleiben: Kleine Törtchen und Knöderl treffen hier auf verboten gute Cremes und Parfaits. Passend dazu die Präsentation des Gerichts: verspielt und zeitgemäß (bitte: ab sofort darf jedes Dessert nur mehr auf umgedrehten Tellern serviert werden!).
Käse zur Winterzeit und Naschereien
Auch die Käseauswahl ist üppig und delikat, wenn auch von der Auswahl her nicht mit dem Steirereck oder mit dem Mraz und Sohn zu vergleichen. Sehr schokoladig und gut auch der süße Abschluss mit diversen Naschereien (Orangen-Schokospitz, Teepraline, Winterapfel).
JO(H)ANNA, OHNE FRAGEN AN DEN MORGEN
Keine Frage: wir haben es bei Johanna Maier so richtig krachen lassen! Neben den ausladenden Menü (spätestens beim Hirsch waren alle pappsatt), hat die großzügig ein- und mehrmals nachgeschenkte Weinbegleitung ihr übriges dazu beigetragen (mind. 1/8 pro Gang). Wir hatten viel Spaß mit Johanna Maier und ihrem Team – und sie wohl auch mit uns. Die Verabschiedung gerät herzlich, Abschiedsfotos werden gemacht und Kochbücher zur Erinnerung signiert, wir torkeln tanzen singend aus dem Restaurant hinaus: “Délicieux! Grandios! A Waunsinn!“. Am nächsten Morgen, rekapitulieren wir schon etwas nüchterner…
…wenn auch nicht viel weniger überschwinglich: Bei Johanna Maier haben wir ein fulminantes Dinner genossen. Hier verdient beinahe alles Höchstnoten: Das Essen – modern, saisonal, überraschend, vielfältig und ohne Schwachpunkte. Besonders möchten wir die Aromenvielfalt, das feine Texturenspiel und die schnörkellos-effektive Präsentation loben. Der Wein – österreichisch, harmonisch, mit einer guten Mischung aus prominenten Winzern und echten Geheimtipps (ebenfalls toll: die alkoholfreien Vitaldrinks!). Und das Service – sowieso genial. Alte Schule, ganz groß! Einziger Wehrmutstropfen: die uns versprochene Liste der Weinbegleitung wurde uns bis heute leider nicht zugeschickt.
Einen kleinen schalen Beigeschmack liefert für uns auch die durchdesignte Selbstvermarktung, die im Johanna Maier Imperium allgegenwärtig scheint. Ihr Logo samt Konterfei glänzt von Gewürz- und Ölgläsern am Tisch, von den Kochbüchern im Shop und sogar von den hauseigenen Wein-Abfüllungen. Zum Glück finden wir die SPAR PREMIUM Tiefkühlpizza nicht im Angebot (was ihr da bloß eingefallen ist?). Aber egal, solange Johanna Maier und ihre Söhne so gut kochen, dürfen die sich unseretwegen alles erlauben. Klare Empfehlung! Auf nach Filzmoos!
Sehr Empfehlenswert |
Preis-Leistung: ok
Hubertus – Johanna Maier & Söhne
Am Dorfplatz 1, 5532 Filzmoos
www.johannamaier.at
Sehr feiner Bericht… ich *liebe* die subtilen Texte. *gg*
Wir werden das im Mai probieren… und haben dank Euch jetzt schon Gusto.
Alles Liebe und die wärmsten Grüße aus der Küche,
Wolfgang und Rainer