Pinot Noir Wineclass | Herr Kocht und seine Primadonnen

Willi Balanjuk, Österreichs Wein-Experte Nr. 1, stellt sich gerne so vor: “Ich dachte nie, dass meine Frau mal mehr arbeiten würde als ich selbst – aber so ist es. Meine Frau ist nämlich die ‘Kim Kocht’” (Anmerkung: Kim Sohyi von Kim kocht). Herr und Frau Kocht betreiben seit kurzem auch ein Sparkling Center am Naschmarkt – nur einen Steinwurf von Kims Shop & Studio entfernt. Neben der Vielfalt des Schaumweins, kann man dort auch die restliche Weinwelt – im Rahmen von launigen Verkostungen und praxisorientierten Ausbildungsprogrammen – näher kennenlernen. Diesmal stand Pinot Noir, die Primadonna der Rotweinsorten auf dem Programm. Von der kapriziösen Rebsorte wurden gleich 17 Tropfen aus Österreich, Deutschland, Frankreich und Neuseeland verkostet – am Ende dieses Blogposts verraten wir unsere 3 Favoriten:

Pinot Noir: Freigut Thallern

Nach zwei ausgezeichneten Schaumwein-Gläsern als Aperitif, bei denen der Blanc de Noirs aus dem Hause Schlumberger dem Champagner von Deutz um nichts nachsteht, geht es los mit zwei Pinots aus dem Freigut Thallern – Balanjuks aktuelle Wirkungsstätte, wo er gemeinsam mit Karl Alphart, Leo Aumann und Erich Polz das Traditionsweingut aus dem Dornröschenschlaf holte.

Der sehr reduktiv ausgebaute Selektion 2010 zeigt – neben seinem Duft nach roten Beeren – noch eine sehr einfache Fruchtsüße, während der Pinot Noir 2009 weitaus mehr Charakter und Komplexität sowie eine dunkelbeerigere Duftnote mitbringt.

Gottardi, Landauer Gisperg, Dr. Heger

Die erste 3er-Serie startet mit einem Sortenvertreter aus Südtirol. Der Blauburgunder Mazzon von Gottardi (2009) weiß mit seinem ausgewogenen Spiel aus kräftiger Frucht und mittlerer Säure zu gefallen. Der 2009er Pinot Noir “Best of…” von Landauer-Gisperg bestätigt einmal mehr unsere gute Meinung über den Tattendorfer Winzerhof: typisch für Österreichische Pinots, weist er eine ausgeprägte Holzaromatik sowie eine leichte Fruchtjoghurtnote auf. Das Holz ist aber gut in den gerbstoffreichen Wein eingebunden. Die Balance stimmt: schöne Frucht, Holz und Würze sowie feinkörnige Tannine.

In Deutschland nennt man den Pinot Noir Spätburgunder. Wir kosten ein Gewächs vom Weingut Dr. Heger (2009), der mit liköriger Note und dunkelbeeriger Fruchtaromatik imponiert, wobei die Süße am Gaumen durch den weichen Gerbstoff schön abgefedert wird.

Pinot Noir Esmonin, Markowitsch, Cloudy Bay

Im dritten Flight wirds dann noch internationaler. Erstmals geht es nach Frankreich – natürlich in die Burgund. Der 2010 Côte de Nuits Villages von Sylvie Esmonin begeistert uns sofort mit seiner komplexen Stilistik: den ausgeprägten Pferdeschweißton (Brettanomyces) mag zwar nicht jeder, höchstinteressant ist der Pinot mit seiner dunklen Farbe, vielschichtigen Aroma, durchgängigen Säure und Blutorangen-Bitterkeit aber allemal. Uns gefällts außergewöhnlich!
Wie unterschiedlich Pinot Noir schmecken kann beweist der darauffolgende 2010er Pinot Noir Reserve von Markowitsch: weniger speziell (für den Österreichischen Gaumen), dafür mit viel Eleganz und Finesse in der Nase. Zarte Holztönen und ein Hauch von Erdbeerkonfit sind auszumachen. Am Gaumen zeigt der rote Tropfen mit milder Säure, langem Nachhall und feiner Tannin-Körnung sein große Potenzial.
Eine wiederum komplett neue Welt eröffnet dann der Neuseeländische Pinot Noir 2010 von Cloudy Bay: dem süßlichen, balsamischen und erdigen Geruch folgt ein komplexes Gaumenspiel: süß zu Beginn, straff in der Mitte und lang und gerbstoffreich im Abgang. Dennoch: wir werden das Gefühl nicht los, dass dieser Wein doch etwas zu laut ist.

Pinot Noir: Hudelot Noellat, Clavelier

Mit Bourgogne Total gehts in die nächste Runde – genauer gesagt mit der Appellation Vosne-Romanée: Schon der 2009 Bourgogne Rouge von Hudelot-Noellat überzeugt uns mit seiner straff-dichten Struktur, feinen Säure und komplexen Nase nach Ribisel, Blutorange und Zitrus. Der 2009 Vosne-Romanée Village vom selben Haus haut uns dann völlig um: intensive kirsch-likörige Nase, Säure und Süße harmonieren perfekt am Gaumen. Mit dem eleganten Gewächs kommt auch der 1er Cru derselben Appellation (“Les Beaux Monts” von Clavelier) nicht ganz mit, obwohl uns dieser mit seiner Stoffigkeit ebenso begeistert.

Pinot Noir: Judith Beck, Holger Koch, Preisinger

Judith Beck führt uns mit ihrem 2008er Pinot Noir zurück nach Österreich bzw. Europa: der schon etwas gereifte Wein riecht zart nach Marzipan, Waldboden sowie süßer Rinde und tritt am Gaumen rund und balanciert auf. Zum zweiten Mal zeigt Deutschland, was es in Sachen Pinot Noir kann. Der 2009 Pinot Noir *** von Holger Koch gehört zu den Favoriten des Abends: die süß-saure Nase zwischen Beeren- und Zitrusfrucht befindet sich in feiner Balance. Im Gegensatz dazu kommt dann – der an sich hervorragende – Pinot Noir 2009 von Claus Preisinger mit seinem gut eingebundenen Holzton und kräftigem Gerbstoff etwas plump daher.

Pinot Noir: Umathum, Captain Gagnerot, Schellmann

Den Abschluss bildet ein famoses Trio aus Österreich bzw. Frankreich: Mit dem Pinot Noir “Unter den Terrassen zu Jois” von 2003 wird der älteste Tropfen des Abends geköpft. Die Reife des Weins schlägt sich in einer wenig präzisen Fruchtnase nieder. Im Gegensatz zum fast schon überreifen Geruch wirkt der Wein am Gaumen hingegen sehr rund und elegant. Im Gegensatz dazu präsentiert sich der 2005er Corton Grand Gru von Capitain Gagnerot für sein Alter fast jugendlich und mit guter Tanninstruktur. In der Nase kommen neben süßer Beerenfrucht, eine schöne Würze sowie balsamische Noten zum Vorschein. Der 2007 Pinot Noir Anning von Schellmann zeigt wiederum sehr schön das Pinot-typische Spiel zwischen Süße und Säure, diesmal zwischen Kirsch und Grapefruit.

Die Wineclass von Willi Balanjuk können wir uneingeschränkt empfehlen. Für sein Geld (€ 59 bis 79, je nach Seminar) bekommt man viel geboten. Neben einer fachkundigen und intensiven Rundschau über das jeweilige Thema (in diesem Fall Pinot Noir), erlebt man mit dem Gastgeber auch einen sehr unterhaltsamen Abend. Teilweise liegt mehr Humor in der Luft als in so mancher Wiener Kabarettbühne. Neben flotten Sprüchen, viel Charme und Schmäh kommt aber das Fachliche nie zu kurz. Und das Wichtigste: Balanjuk schafft es über Wein zu reden, als wäre es die einfachste Sache der Welt –  hochgestochenes Weinjargon ist hier zum Glück passé. Kurzum: Ein hochinteressanter und vergnüglicher Abend! Hier sind unser 3 Top Pinots dieser Wineclass:

  • 2009 Pinot Noir “Best of…”, Landauer Gisperg (ca. 20 €): der typische Österreicher mit ordentlich Holz.
  • 2009 Vosne Romanée Village, Hudelot-Noelleat (ca. 40 €): die Bourgogne lässt grüßen – Kirschfrucht trifft Eleganz am Gaumen.
  • 2009 Pinot Noir ***, Holger Koch (ca. 35 €): süß-saure Nase in feiner Balance.

Kim kocht wineclass
Kim kocht, wineclass
Naschmarkt, Stand 47
1060 Wien
www.kimkocht.at/index2.php

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