Jamek Riesling Smaragd 2006 | Ein Gockel und ein Riesling

Jamek Riesling Ried Klaus Smaragd 2006

Es klingt absurd, aber in Österreich gelten Freilandgockel als echte Rarität und sind quasi nirgends zu bekommen. Zum Glück gab es letzte Woche die noch seltene Möglichkeit bei Merkur einen Gockel aus dem Ja! Natürlich / Vier Pfoten Pionierprojekt “Haushuhn & Gockelhahn” zu erstehen. Wir sind von diesem Projekt dermaßen begeistert (unbedingt darüber schlau machen!), dass wir natürlich sofort zugeschlagen haben. Nach dem Kauf beschäftigten uns nur zwei Fragen. Erstens: Wie werden wir den Gockel zubereiten? Und zweitens: Welchen Wein werden wir dazu trinken, um das edle Federvieh ja ausreichend zu würdigen? Das schönste daran: Die Antwort auf Frage Eins führte direkt zur Antwort auf Frage Zwei. Eine mehr als glückliche Fügung:

Die Frage nach der Zubereitung des Gockels war dann auch schnell beantwortet. Katharina Seiser, Österreichs Genuss-Journalistin Nummer 1, stellte auf ihren Blog Esskultur ein tolles Rezept für einen Rieslinggockeln online. “Coq au Riesling” – na klar! Das war die Antwort auf all unsere Fragen. Also schmorten wir den Gockel nach “Kathas” Anleitung in Riesling, Champignons und zusätzlich in Wurzelgemüse. Entsprechend dem Motto “Koche mit keinem Wein, den du nicht auch so trinken würdest” haben wir schon zum Schmoren nichts Schlechtes genommen (Riesling Federspiel 2011, Domäne Wachau). Als Weinbegleitung musste dann noch eine Steigerung her – das hat sich der Gockel schließlich verdient!

Ungeduldig wie wir sind, wurde der erste Riesling schon während des Schmorvorgangs zur Verkürzung der Garzeit von knapp einer Stunde geköpft. Zum “Aufwärmen” gab es einen Biowein aus dem Elsass: Riesling Le Kottabe 2010 von Josmeyer (dezente Steinobstnoten und viel Grapefruit in der Nase, mineralisch, säurebetont, leicht bitter aber süffig am Gaumen). Danach wechselten wir in die Wachau und öffneten – mit der selben Ehrfurcht wie wir den herrlichen Gockel verzehrten – einen Riesling Smaragd Steinriegel 2010 von Prager (neben den typischen Steinobst- und Honigaromen fanden wir hier auch feine Kräuterwürze im Bukett, schönes Säurespiel, anhaltender Abgang – aber: kein Wow-Erlebnis – der hätte noch Potenzial gehabt!). Dank dem Mitbringsel eines Freundes und Gockel-Mitessers wurde es dann noch etwas dekadent:

Der Gockel war zu diesem Zeitpunkt längst verspeist. Wir schwärmten noch vom herrlich bissfesten Fleisch, das dennoch zart und saftig war und übertrafen uns gegenseitig mit Superlativen wie g’schmackig die Riesling-Sauce nicht war, die wir bis auf den letzten Rest mit Baguette auftunkten. Als Höhepunkt des Abends wurde abschließend der letzte Riesling ins Rennen geworfen – ein Riesling Smaragd Ried Klaus 2006 von Jamek. Solche Kapazunder, noch dazu in diesem gereiften Alter, zaubern natürlich jedem Weinliebhaber ein Funkeln in die Augen. Gleichzeitig machen sich aber auch ein paar Sorgenfalten breit: “Was, wenn der Wein korkt?”, “Was, wenn der Wein doch schon zu alt und/oder oxidiert ist?”. Es ist wie beim Tragen einer teuren Uhr. Je hochklassiger bzw. älter das Stück, desto mehr Sorgen macht man sich bei dessen Verwendung. Schließlich wird dann doch nicht lange gefackelt und der feine Tropfen fachmännisch geöffnet.

Der Kork war schon mal nicht auffällig – so weit so gut. Die Farbe: irgendwas zwischen tiefem Goldgelb und Bernstein! Da würde jeder Orange Wine Macher neidisch werden. Alkohol und Alter machen sich freilich auch in der Viskosität bemerkbar. Wie ein Süßwein zeichnet der Riesling schon fast schwermütig fette Kirchenfenster auf das Glas. Beim ersten Riechen kommt unsere Nase mit der Aromenvielfalt nicht ganz zurecht: Im Vordergrund machen sich wuchtige und überreife Pfirsich- und extrasüße Honignoten breit. Im Hintergrund lassen sich dann auch würzige Nuancen und Anklänge von Vanille, Tabak und Petrol erkennen. Am Gaumen geht es besonders saftig und mächtig zur Sache, wobei die Balance zwischen Süße und Säure für einen Riesling zu Lasten der Zuckerseite nicht mehr ganz perfekt war. Einem Süßwein ähnlich schmiegt sich der Jamek Ried Klaus wie ein Honigtöpfchen an die Kehle. Dort zeigt der Riesling mit seiner Mineralität und Steinobst-Frucht nochmal seine große Klasse. Das Finish ist endlos und übersteht auch die abendliche Mundhygiene. Die Frage, die wir uns dennoch stellen: Hat der 2006er seine ideale Trinkreife schon überschritten? Wir meinen: vor 2-3 Jahren war der Riesling sicher süffiger, jetzt ist er aber wahrscheinlich spannender.

Schließlich bleibt die Frage nach dem Reifegrad eines Weins eine Geschmacksfrage. Keine Geschmacksfrage stellt sich hingegen beim Moosdorfer Freilandgockel – ein Projekt, das jeder Tier- und Geflügelliebhaber unterstützen sollte. Wir hoffen, dass es bald wieder die Möglichkeit zum Kauf gibt. Und wer weiß, eventuell kochen wir das nächste Mal einen klassischen Coq au Vin mit Rotwein – natürlich mit anschließender Burgunderverkostung!

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2 Gedanken zu “Jamek Riesling Smaragd 2006 | Ein Gockel und ein Riesling

  1. Ha, das ist ja ein Zufall. So einen Riesling Smaragd Ried Klaus 2006 von Jamek hab ich auch gerade heim getragen. Ich bin schon gespannt. So sieben, acht Jahre sind ja für einen Riesling Smaragd normalerweise keine Zeit, ich freu mich schon irrsinnig auf einen gemütlichen Abend in bester Gesellschaft mit einem Achterl eben diesen Rieslings … :)

    • Oh, sehr schön! Und wie war der Riesling? Wir wollen einen Bericht ;-)

      Unser 2006er war meiner Meinung nach schon “fast drüber”, wahrscheinlich wegen nicht ganz optimaler Lagerung. Das hat auch die dunkle Bernsteinfarbe gezeigt.

      LG, Tini & Thomas

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