Den Kochkurs in der Blauen Gans zeichnet vor allem aus, dass man (fast) nichts kocht. Und das ist gut so: denn anstatt Kartoffel zu schälen und Zwiebel zu schneiden, schaut man der Küchencrew rund um 2-Hauben-Koch Oliver Wiegand über die Schulter, saugt viele Tipps und Tricks auf und staunt mit welch lockeren Lässigkeit hier mehr als 100 Gäste pro Tag mit kreativer Haute Cuisine bekocht werden. Das Beste daran: Während man einen “gans normale Tag” in der Küche erlebt, darf man sich schon quer durch die Speisekarte kosten oder spontan kreierte Gabelbissen vom Chefkoch genießen. Der Lernfaktor bleibt dennoch hoch: jeder Zubereitungsschritt wird erklärt, keine Frage bleibt unbeantwortet. Gekrönt wird der Tag mit einem 4-Gang Menü am Abend. Wir erzählen Euch von Kochkurs und Dinner – wie gewohnt, mit gans vielen Bildern untermalt…
Kurz vor 10 Uhr finden wir uns im wunderschönen Seepark in Weiden am See ein. Die Blaue Gans gehört zum Gesamtkonzept des Hoteldorfs am Neusiedlersee, das durch den angesagten Club 119 und einer hippen Strandbar komplettiert wird. Einen Cappuccino später, den wir auf der Terrasse mit Blick auf den Segelhafen einnehmen, finden wir uns schon mitten in der Küche der Blauen Gans wieder. Dort wird uns von Pächter und Chefkoch Oliver Wiegand das sympathische Küchenteam vorgestellt. Und dann geht es schon ans Eingemachte:
Das erste Fleisch wird schon pariert, die ersten Saucen angesetzt, und das Beilagengemüse geputzt und geschnitten. Schnell wir uns klar: hier ist ein eingespieltes Team am Werk. Allen voran ist hier Martin Kugler zu nennen, der bereits seit vier Jahren gemeinsam mit Wiegand in der Küche steht und als Meister von Fisch und Fleisch sein Handwerk bestens versteht. Unbedingt erwähnt werden muss auch Pâtissier Attila Nagy, der mit Perfektion und Engelsgeduld himmlische Desserts zaubert.
Nach ein paar kleinen Handgriffen (Gurken schneiden – woohoo!) und den ersten Tipps (Wasabipulver sollte vor der Verwendung in Wasser angerührt werden), genehmigen wir uns mal ein Gläschen Hillinger Secco – schließlich läuft in der Küche alles bestens. Bei so viel Entspanntheit findet Oliver Wiegand sogar noch Zeit, uns zwei spontan zubereitete Variationen kosten zu lassen: Sowohl der Pulpo mit Wasabigurken und Asia-Mayonnaise als auch der Marinierte Thunfisch mit Seewinkler Wassermelone (siehe Bild oben) schmecken herrlich leicht und frisch und hätten einen Platz auf der Sommerkarte verdient.
In der Blauen Gans wird Österreichische Küche mit besten saisonalen und großteils regionalen Produkten geboten. Darunter mischt sich häufig ein asiatischer Einfluss, der den Speisen einen frischen und leichten Charakter verleiht. So wird etwa die Kürbissuppe mit Sojasauce, Koriander und Limettensaft abgeschmeckt und ergibt so eine besonders spannende Geschmackskombination. Neben der Paarung zwischen Österreichischer Tradition und internationaler Moderne legt Oliver Wiegand vor allem viel Wert auf beste Zutaten und Sortenvielfalt. Die bunten Paradeiser und Paprika kommen aus dem Seewinkel, genauso wie die Wassermelone. Farbenfrohes Gemüse – wie etwa der violette Brokkoli – oder unterschiedliche Kressearten dürfen auf keinem Teller fehlen.
Als gegen 12 Uhr das Mittagsgeschäft losgeht, dürfen wir am Pass mit unserer Kamera live dabei sein, wie die ersten Köstlichkeiten an die hungrigen Gäste rausgehen. Die Optik ist bei jedem Gericht genauso wichtig wie der Geschmack – jeder Teller ein kleines Kunstwerk: Frischer Blattsalat mit Garnelen, Beef Tatar, Lachstatar mit Wasabi-Gurken, Geeiste Wassermelonen-Granatapfelsuppe mit Butterfisch-Maki.
Unverhofft kommt oft: Und so ist unsere Freude umso größer, als plötzlich ein Tandler in der Küche auftaucht, um Oliver Wiegand schwarze Sommertrüffel feil zu bieten (die übrigens in der Gegend um Wiener Neustadt gefunden wurden!!!). Ein Kilo schwarzes Gold ist schnell gekauft, noch schneller wird ein Rührei mit schwarzem Sommertrüffel und Blattspinat auf die Tageskarte geschrieben. Am schnellsten sind aber wir: beim Essen dieser Delikatesse, die wir vom Chefkoch auf eigenen Tellern serviert bekommen. Oh ja!
Im Mittagsgeschäft sind bei den Hauptspeisen vor allem die österreichischen Klassiker der Renner. Natürlich werden auch diese auf höchstem Niveau und mit Pfiff zubereitet: Gefüllter Paprika mit hausgemachtem Tomatensaft, Kümmelbraten mit Krautsalat und Butterkartoffeln, Kürbis-Gulasch mit Topfenspätzle und gebratenem Zander, Gebratener Wels mit Letschogemüse und Rosmarinkartoffeln.
Schließlich dürfen wir auch den Meister der Süßspeisen, Pâtissier Attila Nagy, über die Schulter schauen – ein ganz besonderes Vergnügen. Mit Funkeln in den Augen zeigt er uns, wie er den Sommergarten - ein frisch fruchtiges Dessert für die warme Jahreszeit – zubereitet. Dazu wird ein mit Zitrus und Kräutern aromatisierte Teig in Stücke gerissen, und mit leichter Vanillecreme, Zitronen-Verbene-Espuma, Himbeersorbet und frischen Früchten belegt. Gemeinsam ergibt das nicht nur ein buntes Gemälde am Teller, sondern die leichteste süße Verführung seit es Nachspeisen gibt!
Generell treffen die Desserts in der Blauen Gans ganz unseren Geschmack. Neben den Sommergarten dürfen wir auch eine himmlische Panna Cotta mit Erbeer-Sorbet sowie einen verboten guten Cheese-Cake mit Zwetschkensorbet probieren. Die selbstgemachten Sorbets finden sich in jeder Nachspeisen-Variation wieder und können natürlich auch einzeln bestellt werden – ideal für Kinder. Diese kommen in der Blauen Gans sowieso nicht zu kurz. Denn hier werden auch die Kleinsten mit kindgerechten Speisen wie hausgemachten Fischstäbchen oder Pasta mit Tomatensauce verwöhnt.
Um 14:30 Uhr geht das Mittagsgeschäft langsam zu Ende, die Küchencrew macht klar Schiff und begibt sich in die wohl verdiente Pause bis etwa 17:00 Uhr, um rechtzeitig für die Abendgäste bereit zu sein. Diese Pause nutzt Oliver Wiegand, um mit uns in das benachbarte Gols zum Weingut Wendelin zu fahren. Dort genießen wir eine feuchtfröhliche Weinverkostung mit viel Unterhaltungswert. Von unseren Favoriten nehmen wir gleich einen Karton mit: Weisser See 2012, Burgenland Weiß 2012, Zweigelt Neusiedlersee DAC 2011 und die süße Novemberlese Rot 2011.
Nach der Weinverkostung haben wir etwas Erholung bitter nötig. Dank schneller Dusche und einen Powernap sind wir aber bald wieder topfit und freuen uns auf das bevorstehende 4-Gang Menü, das wir auf der wunderschönen Holzterrasse an diesem lauschigen Sommerabend einnehmen dürfen. Als Gedeck wird uns bestes Olivenöl, aufgeschlagene Butter und ein Kürbiskern-Aufstrich mit einem Glas Hillinger Secco serviert. Letzteren hatten wir ja schon zu Mittag in der Küche geschlürft und für gut befunden.
Bei der Vorspeise kommt einmal mehr Oliver Wiegands internationaler Kochstil zum Vorschein. Der Gebratene Pulpo mit Bananen-Grapefruitsalat, Chili und Koriander kommt zwar nicht aus dem Neusiedlersee, schmeckt aber dank perfekten Garpunkt, viel Röstaromen und exotischer Beilage fantastisch – vorausgesetzt man isst gerne scharf, sehr scharf! Das Chili-Pesto hat es in sich und drängt sich, nicht nur für Scoville-Warmduscher, zu sehr in den Vordergrund. Es sollte der einzige Fauxpas an diesem Abend bleiben.
Perfekt abgeschmeckt, samtig am Gaumen und mit toller Beilage kommt dagegen die Suppe daher. Auf die Kürbis-Apfelsuppe mit Blunz’n-Frühlingsrolle hatten wir uns schon gefreut als sie am Vormittag in der Küche angesetzt wurde. Den letzten Pfiff verleiht diesem Gericht die herzhafte Blunzenrolle mit Kren. Das wird demnächst nachgekocht!
Beim Essen der Trüffel-Eierspeise während dem Kochkurs am Vormittag haben wir ja fast Freudentränen vergossen. Das hat wohl auch der Chefkoch bemerkt und schickt uns aus der Küche einen Extra-Gang mit Rinder-Carpaccio, Beef Tatar und schwarzer Sommertrüffel. Jeder Kommentar, ob das wohl geschmeckt hat, erübrigt sich da.
Mit Blick auf den Neusiedlersee schmeckt als Hauptspeise wohl nichts besser als ein perekt zubereiteter Fisch. Den bekommen wir in der Form eines knusprig gebackenen Saibling mit Rahmgurkensalat und frischem Knoblauch. Superkrosse Haut (mit Flosse!) trifft butterzarten Fisch sowie frische Gurke mit jungem Knoblauch. Besser kann man einen Fisch nicht auf den Teller bringen.
Mit freundlichen Grüßen unseres Lieblings, Attila Nagy, bekommen wir unser Dessert serviert. Wir sind ja keine Nachspeisen-Tiger, aber was auch immer der Pâtissier der Blauen Gans auf den Teller malt, es sieht spitze aus und schmeckt fabelhaft. So auch die Crème brûlée mit Sauerrahmeis, die besonders kreativ als vier kleine Halbkugeln daher kommt. Das Sauerrahmeis ist zum Niederknien.
Der “Kochkurs” in der Blauen Gans eignet sich perfekt für alle Hobbyköche, die bereits einige Erfahrung mitbringen und gerne den Ablauf in einer Haubenküche kennenlernen sowie Tipps von echten Profis aufschnappen möchten. Ebenso empfehlenswert ist natürlich das Essen im schmucken Restaurant des Weidener Seeparks. Besonders im Sommer kann man hier auf der Terrasse die Seele baumeln und sich vom Team der Blauen Gans verwöhnen lassen. Im Service rennt der Schmäh, ab und zu kommt es zwischen den Gängen oder bei Getränkebestellungen zu längeren Wartezeiten. Apropos Getränke: das Angebot an offenen Weinen könnte ruhig etwas größer sein, die Flaschenweine sind hingegen recht vernünftig kalkuliert. Bei den Speisen gibt es kaum was zu beanstanden, die Wiegand-Küche präsentiert sich originell und mutig, ohne dabei auf Herkunft und Tradition zu vergessen. Blaue Gans – wir kommen gerne wieder!
Empfehlenswert | Preis-Leistung: ok
Zur blauen Gans
Seepark, 7121 Weiden am See
www.zurblauengans.at