Steirereck im Stadtpark | Mit Blunzenbrot in den Gourmet-Olymp

Wer hätte das gedacht? Unser Abend im Steirereck im Stadtpark beginnt mit einer kleinen Enttäuschung: Bei angenehmen 23 Grad Außentemperatur sind wir auf eine Gourmet-Sitzung auf der wunderschönen Terrasse eingestellt. Leider ist genau diese geschlossen – “zu unsicher sei die Wetterlage” teilt man uns freundlich aber bestimmt mit. Schade. – Aber spätestens der Aperitif, ein herrliches Glas Gelber Muskateller von Tement, zaubert uns wieder ein breites Lächeln ins Gesicht. Und das Ambiente im Inneren kann sich ja schließlich auch sehen lassen.

Kaum Platz genommen, beginnt dann auch schon die kulinarische Galavorstellung: mit unglaublich aufmerksamen und lockeren Service; mit weitestgehenden Verzicht auf Schischi rundherum; und mit Geschmacks-Knüllern am laufenden Band, die in ihrer Komplexität und Raffinesse so grandios sind, dass ihnen keine Huldigung gerecht werden könnte. Deshalb lassen wir hier hauptsächlich die Bilder sprechen – viel Spaß beim Bestaunen der farbenprächtigen Steirereck-Gemälde (ach ja, und die Geschichte vom sagenumwobenen Blunzenbrot erzählen wir zwischendurch natürlich auch noch):

Amuse BoucheAmuse Bouche #1 – farbenprächtig, erfrischend und gesund: Sellerie in Wermut, Gurke in Holunder, Radieschen gefüllt mit Kalbskopf, Paprika gefüllt mit Topinamburcreme.

Vulcanoschinken mit Melone

Amuse Bouche #2 – Bodenständiges, witzig präsentiert: Luftgetrockneter Vulcanoschinken mit getrockneter Melone.

Atterseehecht mit MelanzaniwaffelAmuse Bouche #3 – macht Lust auf mehr: Atterseehecht mit Melanzaniwaffel.

Nach den ersten Appetizern aus Reitbauers Kreativwerkstatt, folgt der erste Höhepunkt des Abends: Der besonders lässige Brot-Sommelier kommt mit seinem Wagen angefahren und bietet uns Brot-Spezialitäten aus den besten Backstuben Österreichs an. Ein Muss ist das lauwarme Blunzenbrot (O-Ton Brot-Sommelier: “Passt zwar nirgends dazu, schmeckt aber herrlich!“). Beim Biss in die knusprige Köstlichkeit mit cremigen Inhalt sind wir uns einig: allein diese Kreation höchster Brotbackkunst muss die Testesser von S. Pellegrino dazu bewogen haben, das Steirereck heuer auf den elften Platz der weltweit 50 besten Restaurants zu wählen und somit endgültig in den Gourmet Olymp zu erheben. Ebenso gut sind die Brote in den Varianten Paradeiser, Parmesan-Rucola, Pfefferoni-Frischkäse oder der klassische Joseph-Laib. Verspeist mit Walnuss- und Basilikumbutter sind wir bereit für das 6-gängige Steirereck-Menü, das wir in allen Varianten durchkosten…

Bergforelle

Sashimi auf Österreichisch, erfrischend und schmackhaft: Schwarzauer Bergforelle mit Melone, Gurke & Borretsch. Übrigens: die mit Verjus, Ginger Ale und Balsamessig gebeizte Gurke ist der Bergforelle von Geschmack und Intensität mindestens ebenbürtig.

Steinpilze

Steinpilze mit gelbem Paprika & Butterhäuptl-Salat. Ein Hammer: die Paprika-Emulsion, mit der Reitbauer zeigt dass er aus Gemüse unglaubliche Saucen zaubern kann, die einem eingekochten Jus um nichts nachstehen.

Rüben

Vegane Sensation #1: Gold- & Chioggia-Rüben mit Schwarznessel, Haselnüssen & Würz-Tapenade.

Sommerkürbis

Vegane Sensation #2: Sommerkürbis mit Süßerdäpfeln, Paradeiser, Mandeln & Lavendel.

Huchen

Heimischer Fisch #1: Huchen mit Brokkoli, schwarzem Reis & Kamille.

Perlfisch

Heimischer Fisch #2: Perlfisch mit jungen Artischocken, Ananas-Paradeisern und Pistazien.

Baumspinat

Grüße vom hauseigenen Steirereck-Garten: Baumspinat mit Eiszapfen und Ochsenmark.

Kalbszunge

Lässt uns mit der Zunge schnalzen: Geschmorte Kalbszunge mit Rhabarber, Salzringlottten und Taglilien.

Spanferkel-Backerl

Optik und Geschmack von einem anderen Stern: Spanferkel-Backerl mit Kohlrabi, Rhabarber & Latschen.

Perlhun

Lowlight des Abends: Gebratenes & geschmortes Perlhuhn mit Senf, Bohnen & Sommertrüffel. Hier ist nicht nur die Präsentation schief gegangen, auch geschmacklich kann uns das Gericht nicht überzeugen. Ausrutscher auf hohem Niveau.

Rehbock

Butterzarte Gaumenfreude: Rehbock mit jungem Mais, Eierschwammerl & Vogelmiere.

Almochse

Röstaroma-Erlebnis: Über Holzkohle gegrillter Rieddeckel mit Bohnen, Trüffel-Erdäpfel & Schildampfer. Anmerkung: Nein, Herr Reitbauer – wir glauben ihnen einfach nicht, dass dieses grandiose Stück Fleisch ein ordinärer Rieddeckel (ein Suppenfleisch oder bestenfalls ein Fleisch für Schmorgerichte) sein soll. Auch wenn der Almochse aus dem Big Green Egg kommt.

Käse

Der Käsesommelier darf sich austoben und erfreut uns mit dieser Käsevariation.

Erfrischung

Sehr speziell: Geeister Pericon mit Mispeln, Monarde, Gurke & Blue Gin. So dürfte ein Dessert auf den Planeten Pandora schmecken.

Himbeeren

Zurück auf Mutter Erde und einfach gut: Himbeeren mit Pandan, weißer Schokolade & Kokos.

Petit Fours

Schmucke Versuchung: die Petit Fours zum süßen Abschluss werden auf einem Schmuckwagen wie Kettchen, Anhänger und Accessoires vom Juwelier präsentiert.

Kurz vor 23:00 Uhr – nach etwa dreieinhalb Stunden – ist die große Gourmet-Oper vorbei. Mit dem Klischee, dass in feinen Restaurants nur Mini-Portionen serviert werden, räumt das Steirereck kräftig auf. Wir sind mehr als satt und zufrieden. Wer jetzt noch Hunger hat, könnte aber bestimmt noch dem Brot-Sommelier einen Besuch abstatten (“das Blunzenbrot muss sowieso weg!”).

Viele unserer Freunde und Bekannten zeigen uns wohl einen kleinen Vogel, wenn wir – wie hier im Steirereck – 124 € für ein 6-gängiges Menü (ohne Getränke) ausgeben. Natürlich ist das ein Haufen Geld, aber wir meinen: erstens gönnt man sich einen solchen Abend nicht alle Tage, zweitens ist das Menü jeden einzelnen Cent wert. Die gesamte Steirereck-Mannschaft bringt so viel Einsatz, Leidenschaft, Liebe zum Detail und Können auf, damit sie mit diesem gastronomischen Gesamtkunstwerk tagtäglich ihre Gäste verzaubern kann. Jedes Gericht stellt eine durchdachte Komposition aus spannenden Aromen und ausgefallenen Gemüse-, Fisch- oder Fleischarten dar. Vergeblich sucht man sonst solch kreativ zubereitete Besonderheiten, die hier mit einer lockeren Selbstverständlichkeit auf den Tisch kommen. Chapeau – wir können nur den Hut ziehen!

Die Weinkarte ist opulent, die Preise in diesem Fall dem Zielpublikum angepasst. Das gilt vor allem auch für die Weinbegleitung (64 €). Wir trinken deshalb flaschenweise aus der Österreichischen Wein-Mittelklasse und sind mit unserer Wahl sehr zufrieden: Gemischter Satz Nussberg (Wailand, 2011) um 35 €, Rotgipfler Student (Thallern, 2011) um 40 € und den Cuvée Rosso e Nero (Pöckl, 2009) um 55 €.

Fazit: Ein rundum gelungener Abend – wir sparen schon auf den nächsten Besuch ;o)

Steirereck im Stadtpark


Sehr Empfehlenswert
 | 
Preis/Leistung: ok

Restaurant Steirereck im Stadtpark
Am Heumarkt 2A / im Stadtpark
www.steirereck.at/restaurant/

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2 Gedanken zu “Steirereck im Stadtpark | Mit Blunzenbrot in den Gourmet-Olymp

  1. Hallo.
    Toller Bericht. Möchte schon seit langem mal ins Steirereck. Werde das mit meiner Frau im Dezember endlich nachholen.
    Nur eine Frage. Ist das mit den 124 Euro ein Druckfehler? Das kommt mir billig vor für ein 6 Gänge Menü in einem Sternelokal. Im Waku Ghin in Singapore kostet ein mehr gängiges Menü über umgerechnet 250 Euro. Und das Restaurant liegt hinter dem Steirereck auf der Rangliste der 50 besten Restaurants.
    Na ja, Ich kann zwar noch nicht sagen ob ich 124 Euro angemessen finde freue mich aber schon darauf es herauszufinden.

    liebe Grüße
    Levon

    • Hallo Levon,

      nein – das mit den 124 Euro ist zum Glück KEIN Druck- oder Tippfehler. Du kannst die Preise auch direkt auf der Steirereck-Seite nachprüfen (siehe http://steirereck.at/restaurant/speisekarte/pdf/steirereck_menue.pdf). Die 124 € bestehen aus 118 € Menüpreis + 6 € Gedeck.

      Im internationalen Vergleich zu anderen Sternelokale ist das Steirereck wohl wirklich recht günstig. In Frankreich muss man für 3-Sterner auch das doppelte rechnen und es gibt kein franösisches Restaurant, das vor dem Steirereck gereiht ist. Aber: z.B. das Noma (Platz 1) ist auch nicht viel teurer und bietet z.B. das Menü um 150 an.

      Also: viel Spaß im Steirereck – du wirst es genießen. Wir freuen uns über Deine Meinung!

      LG, Tini & Thomas von Topf und Deckel

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